Gyula Horn

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Gyula Horn (2007)
Treffen der Außenminister Genscher (links) und Gyula Horn (rechts) in Ungarn (1989)
Gyula Horn bei der Verleihung des Memminger Freiheitspreises 1525 (2005)

Gyula Horn [ˈɟulɒ ˈhorn] (* 5. Juli 1932 in Budapest; † 19. Juni 2013 ebenda[1]) war ein ungarischer Politiker. Er war 1989/1990 Außenminister und von 1994 bis 1998 Ministerpräsident seines Landes. International bekannt wurde Gyula Horn 1989 durch die Öffnung des Eisernen Vorhangs.[2]

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einer Mechanikerlehre bei Siemens in Budapest von 1946 bis 1949 studierte er von 1949 bis 1954 an der Hochschule für Finanzen in Rostow (Sowjetunion).

Berufliche und politische Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Studium bekleidete Horn bis 1959 verschiedene Posten im ungarischen Finanzministerium. Beim Ungarischen Volksaufstand beteiligte er sich 1956 als Mitglied der „Steppjackenbrigade“ (ungarisch pufajkások) an der Verfolgung Aufständischer. Die Brigade wurde zur Durchführung der Säuberungswellen nach dem Aufstand eingesetzt.

Horn wechselte 1959 in den diplomatischen Dienst des Außenministeriums, wo er von 1969 bis 1982 Mitarbeiter, ab 1974 stellvertretender Leiter der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten beim ZK der MSZMP (Magyar Szocialista Munkáspárt) war. 1982 stieg er zum Leiter dieser Abteilung auf und wurde 1985 Staatssekretär des Äußeren.

1989 wurde Horn im Kabinett von Ministerpräsident Miklós Németh Außenminister Ungarns. Am 18. April 1989 hatte Ungarn begonnen, die Grenzzäune zu Österreich abzubauen. Am 13. Juni begannen die Gespräche am Runden Tisch in Ungarn. Am 27. Juni durchschnitt Horn bei Sopron gemeinsam mit seinem österreichischen Amtskollegen Alois Mock den Grenzzaun in einem symbolischen Akt.[2] Am 19. August 1989 fand mit ungarischer Billigung das Paneuropäische Picknick statt, bei dem einige hundert DDR-Bürger nach Österreich gelangten. Dies ermutigte in den Wochen darauf tausende DDR-Bürger, einen Grenzübertritt von Ungarn nach Österreich zu versuchen; Tausende reisten dafür aus der DDR an.

Horn verkündete im ungarischen Fernsehen am 10. September, dass Ungarn den vielen DDR-Bürgern, die sich im Land aufhielten, die Ausreise gestatten werde, die Grenze nach Österreich werde geöffnet.[3] Dies führte innerhalb weniger Monate zum Mauerfall und zur Überwindung der ideologischen Teilung Europas.[4]

1990, nach der Abwahl Némeths, wurde Horn Abgeordneter im ungarischen Parlament und Parteivorsitzender der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP). Von 1994 bis 1998 war Horn ungarischer Ministerpräsident. Seine Ministerpräsidentschaft war durch radikale Wirtschaftsreformen (vgl. Bokros-Paket) gekennzeichnet.

Positionen und Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einem Interview mit der deutschen Zeitschrift Superillu sagte Horn 1999 auf die Frage, warum er mit dem Kommunismus gebrochen habe: „Das war ein langer Prozess. Dabei haben deutsche Politiker eine große Rolle gespielt. Wir hatten als erstes Ostblock-Land ab 1974 enge Kontakte zur SPD und anderen westeuropäischen sozialdemokratischen Parteien. Wir studierten, wie die soziale Marktwirtschaft und die Demokratie in der Praxis funktionieren. Und haben erkannt, dass das, was in Ungarn geschah, dem Land nicht nützt, nicht zum Aufschwung führt.“[5]

In Wertheim am Main (Baden-Württemberg) gibt es seit 2001 eine nach ihm benannte Straße, obwohl in Deutschland nur selten Straßen nach noch lebenden Personen benannt werden.

Im Jahr 2003 war Gyula Horn einer der Mitgründer des von Michail Gorbatschow initiierten World Political Forum.

Mit Verweis auf Horns Teilnahme an den Steppjackenbrigaden nach dem Aufstand von 1956 verweigerte Präsident László Sólyom ihm 2007 die Verleihung des Großen Ungarischen Verdienstkreuzes anlässlich seines 75. Geburtstags.[6]

Krankheit und Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Feiern zu seinem 75. Geburtstag im Sommer 2007 erlitt Gyula Horn einen Zusammenbruch und wurde in einem Budapester Militärkrankenhaus behandelt.[7] Nach sechsjähriger Behandlung starb er im Juni 2013 in einem staatlichen Gesundheitszentrum.[8] Horn wurde in Budapest auf dem Kerepesi temető (deutsch Kerepescher Friedhof) beigesetzt.[9]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gyula Horn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ungarns Ex-Premier Gyula Horn verstorben
  2. a b So viel Anfang vom Ende in der Presse vom 19. Juni 2009, abgerufen am 26. Mai 2011.
  3. Mit Bolzenschneidern gegen ein System, Deutschlandfunk, 27. Juni 2014
  4. Europa: Revue d'Europe. Magazine for Europe, Band 43, Ausgaben 5–12, S. 83
  5. Zitat aus: Superillu vom 12. Mai 1999 (Heft 20/1999), Seite 16, Interview mit Gerald Praschl.
  6. ORF: Sólyom lehnt Auszeichnung für Horn ab
  7. Pester Lloyd: Gyula Horn schwer erkrankt (Memento vom 12. November 2011 im Internet Archive)
  8. Index: Meghalt Horn Gyula
  9. knerger.de: Das Grab von Gyula Horn
  10. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)