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Periklas

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Periklas
Weißer bis hellgrüner Periklas mit schwarzem Srebrodolskit aus Ronneburg (Thüringen) (Bildbreite 5 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Per[1]

Andere Namen
Chemische Formel MgO
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/A.04
IV/A.04-010

4.AB.25
04.02.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe Fm3m (Nr. 225)Vorlage:Raumgruppe/225[2]
Gitterparameter a = 4,21 Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5,5[3]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,56 bis 3,68; berechnet: 3,58[3]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}, gut nach {111}[3]
Farbe farblos, grauweiß, gelb bis bräunlichgelb; grün bis schwarz durch Einschlüsse
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,735 bis 1,745

Periklas, chemisch auch als Magnesiumoxid und umgangssprachlich als Magnesia bekannt, ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung MgO.

Periklas kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt kleine oktaedrische, seltener auch kuboktaedrische oder dodekaedrische Kristalle, kommt aber auch in Form körniger bis massig-derber Mineral-Aggregate vor. In reiner Form ist Periklas farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend grauweiß sein und durch Fremdbeimengungen eine gelbe bis bräunlichgelbe sowie durch Einschlüsse grüne bis schwarze Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte

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Das Mineral wurde erstmals 1841 von Arcangelo Scacchi am Monte Somma in der Nähe des Vesuvs in Italien entdeckt. Es erhielt seinen Namen in Anlehnung an seine perfekt kubische Spaltbarkeit nach dem griechischen περί perí für „um“, „herum“ oder auch „ringsrum“ und klas für „Bruch“.[4]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Periklas zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung „Verbindungen mit M2O und MO“, wo er gemeinsam mit Bunsenit, Calciumoxid, Manganosit, Monteponit und Wüstit sowie im Anhang mit Murdochit in der „Periklas-Reihe“ mit der Systemnummer IV/A.04 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer IV/A.04-010. Dies entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 1 und 2 : 1 (M2O, MO)“, wo Periklas zusammen mit Bunsenit, Calciumoxid, Manganosit, Monteponit, Murdochit, Palladinit und Wüstit die „Periklasgruppe“ mit der Systemnummer IV/A.04 bildet.[5]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[6] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Periklas in die Klasse der „Oxide (Hydroxide, V[5,6]-Vanadate, Arsenite, Antimonite, Bismutite, Sulfite, Selenite, Tellurite, Iodate)“ und dort in die Abteilung „Metall : Sauerstoff = 2 : 1 und 1 : 1“ ein. Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Kation : Anion (M : O) = 1 : 1 (und bis 1 : 1,25); mit nur kleinen bis mittelgroßen Kationen“ zu finden, wo es zusammen mit Bunsenit, Calciumoxid, Manganosit, Monteponit und Wüstit die „Periklasgruppe“ mit der Systemnummer 4.AB.25 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Periklas die System- und Mineralnummer 04.02.01.01. Das entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Oxide“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Einfache Oxide mit einer Kationenladung von 2+ (AO)“ in der „Periklasgruppe (Isometrisch, Fm3m)“, in der auch Bunsenit, Manganosit, Monteponit, Calciumoxid, Wüstit und Hongquiit eingeordnet sind.

Kristallstruktur

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Kristallstruktur von Periklas

Periklas kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der Raumgruppe Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225)Vorlage:Raumgruppe/225 mit dem Gitterparameter a = 4,21 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle (Natriumchloridstruktur). Diese Struktur bleibt bis zu Drücken von mindestens 360 GPa stabil[2].

Gepulvert ist Periklas in Wasser löslich, dabei entsteht in alkalischer Reaktion Magnesiumhydroxid.

Modifikationen und Varietäten

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Periklas, Varietät Ferroperiklas aus dem Steinbruch San Vito, Ercolano, Monte Somma, Neapel, Italien (Größe 8,2 cm × 6,4 cm × 2,4 cm)

Mit Ferroperiklas, (Mg,Fe)O, ist eine eisenhaltige Varietät des Periklases bekannt.[7] Künstlicher Periklas wird auch als Lavernit bezeichnet.[8]

Bildung und Fundorte

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Grüner Nickel-haltiger Periklas mit schwarzem Srebrodolskit aus Ronneburg, Thüringen (Bildbreite 1,5 mm)

Periklas bildet sich durch Metamorphose unter hohen Temperaturen aus magnesiumhaltigen Dolomit und Kalkstein. Es ist je nach Fundort vergesellschaftet mit Forsterit und Magnesit, Brucit, Hydromagnesit und Ellestadit beziehungsweise Fluorellestadit, Kalk, Magnesioferrit, Hämatit, Srebrodolskit und Anhydrit.

Neben der Typlokalität fand man Periklas unter anderem in Predazzo in Italien, Carlingford in Irland, Broadford und Camas Mòr in Schottland, León in Spanien, dem Mayener Bellerberg in der Eifel (Deutschland), Nordmark und Långban in Schweden, Kopeisk in Russland, Crestmore, Tompstone und Gabbs in den Vereinigten Staaten, Oka in Kanada sowie Cowell in Australien.[9]

Ferroperiklas ist mit einem Volumenanteil von etwa 20 % nach silikatischem Mg-Fe-Perowskit (Mg,Fe)SiO3 die zweitwichtigste Mineralphase des unteren Erdmantels und dort der Hauptspeicher für Eisen; an der 660-km-Diskontinuität findet die Reaktion γ-(Mg,Fe)2[SiO4] ↔ (Mg,Fe)[SiO3] + (Mg,Fe)O statt, durch die γ-Olivin und eine Mischung aus Perowskit und Ferroperiklas ineinander umgewandelt werden. In der Literatur wird diese Mineralphase des unteren Erdmantels oft auch Magnesiowüstit bezeichnet.

Bei der technischen Verwendung von Periklas bzw. Magnesia wird in Sintermagnesia und Schmelzmagnesia unterschieden, wobei Sintermagnesia in aller Regel in einem Zweistufenprozess zunächst bei etwa 1100 °C im Schachtofen kalziniert und anschließend im Drehrohrofen gesintert wird. Bereits vollständig entsäuerte Magnesia kann dann im Lichtbogenofen geschmolzen werden. Periklas wird rein oder in Verbindung mit anderen feuerfesten Rohstoffen zu Steinen gepresst und in Abhängigkeit von seiner Bindung gebrannt (keramische Bindung) oder getempert (Kohlenstoffbindung). In Verbindung mit Kohlenstoff (Ruß und Graphit) werden Magnesia-Kohlenstoff-Erzeugnisse hergestellt, welche eine wesentliche Bedeutung in der Stahlherstellung haben. Sie sind hoch temperaturbeständig und zeigen eine gute chemische Beständigkeit gegenüber geschmolzenen Eisenlegierungen und basischen Schlacken und sind heute neben Doloma-Kohlenstoffverbindungen der Stand der Technik in Konvertern und Stahlpfannen.

Zusätzlich besitzen reine Magnesiasteine gute Wärmespeichereigenschaften, so dass sie als Speicherkerne unter anderem in Nachtspeicherheizungen und Elektrokaminen verwendet werden.[10]

Wird Magnesit bei niedrigeren Temperaturen bis etwa 800 °C gebrannt, bleibt ein Teil des Kohlenstoffdioxids (CO2) erhalten. Die so entstandene „kaustische Magnesia“ bleibt reaktionsfähig und wird, mit Füllstoffen vermengt, zu „Sorelzement“ verarbeitet und zur Herstellung von feuerfesten Baumaterialien und Isoliermassen verwendet.[11]

Wegen seiner einfachen Kristallstruktur sind die physikalischen Eigenschaften von Periklas sehr intensiv untersucht worden, so dass er ein beliebtes Testmineral z. B. bei der Entwicklung neuer Techniken in der experimentellen Hochdruckphysik ist. Er dient dort auch oft als Referenzmineral zur Druckbestimmung.

Commons: Periklas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c R. Stewart McWilliams, Dylan K. Spaulding, Jon H. Eggert, Peter M. Celliers, Damien G. Hicks, Raymond F. Smith, Gilbert W. Collins, Raymond Jeanloz: Phase transformations and metallization of magnesium oxide at high pressure and temperature. In: Science. Band 338, 7. Dezember 2012, S. 1330–1333, doi:10.1126/science.1229450.
  3. a b c Periclase. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 61 kB; abgerufen am 7. April 2017]).
  4. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 289.
  5. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  7. Mindat – Ferropericlase (englisch)
  8. Mindat – Lavernite (englisch)
  9. Fundortliste für Periklas beim Mineralienatlas und bei Mindat
  10. Elektrokamine als Tag oder Nachtstromheizung
  11. Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. vollständige überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 64.