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Otto Prinz
Dieser Artikel zur Kosmographie des Aethicus ist dem Andenken an Otto Prinz gewidmet, dessen 120. Geburtstag sich am 2. August dieses Jahres jährte. Geboren im altmärkischen Seehausen, war Prinz zeitlebens der lateinischen Sprache und besonders ihrer mittelalterlichen Überlieferung eng verbunden. Nach dem Studium der Klassischen Philologie und der mittellateinischen Literatur an der Universität Halle sowie einem Forschungsaufenthalt in Grenoble wurde er in Halle promoviert. Wissenschaftlich entscheidend waren für ihn die Jahre am Thesaurus Linguae Latinae in München. Später übernahm er die Generalredaktion des Mittellateinischen Wörterbuchs und prägte damit eine ganze Generation der mittellateinischen Forschung. Er starb am 19. Februar 2003 in München, wo er den größten Teil seines akademischen Lebens verbracht hatte.
Untrennbar verbunden ist sein Name mit der Auseinandersetzung um die Kosmographie des Aethicus. Besonders mit seiner Rekonstruktion des Stemmas hat er der Forschung einen bis heute maßgeblichen Impuls gegeben.
Mein herzlicher Dank gilt Michael W. Herren für eine anregende und überaus hilfreiche Korrespondenz. Seine genauen Beobachtungen, kritischen Hinweise und weiterführenden Anregungen waren für die Arbeit an diesem Text von großem Wert.
Ich hoffe, dass die Lektüre dieses Artikels ein wenig von der Freude spüren lässt, die mir das Schreiben bereitet hat.
Zum Artikel
Meiner Ansicht nach lässt sich ein Artikel zu diesem Thema auf sehr unterschiedliche Weise gestalten. Bereits die verschiedenen Forschungstraditionen weichen zum Teil erheblich voneinander ab – vor allem im Hinblick auf methodische Zugänge und thematische Schwerpunktsetzungen. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte in der unterschiedlichen Verfügbarkeit relevanter Beiträge in den jeweiligen Sprachräumen liegen. Im Angelsächsischen Raum wird das Thema vor allem vermittelt durch die Forschungsbeiträge von Herren behandelt, wodurch auch ganz andere Fragestellungen und theoretische Ansätze in den Vordergrund treten. Besonders auffällig ist dies in der Behandlung der Quellenfrage: Hier wird die Thematik weitgehend losgelöst von der Forschungsgeschichte und vom deutschsprachigen Forschungsdiskurs diskutiert. Auch die Virgil-These spielt in der anglophonen Literatur keine Rolle. Auffällig ist zudem, dass einige in der deutschen Forschung als zentral angesehene Beiträge im angelsächsischen Raum kaum rezipiert oder vollständig ignoriert werden. Ein Beispiel für einen alternativen Ansatz, den ich trotz der Herkunft der Autorin ebenfalls der angelsächsischen Forschung zuordnen würde, ist der umfangreiche, wenngleich inhaltlich nicht sonderlich überzeugende Beitrag von Paola Marone im Oxford Classical Dictionary, der denke ich sehr gut zeigt, wie unterschiedlich dieses Thema angegangen werden kann. Auch Italien verfügt über eine ganz eigene Forschungstradition, in der etwa die von Peri formulierte These einer antiken, skythischen Vorlage der Schrift– teils in abgewandelter Form –wiederholt aufgegriffen wurde und eine zentrale Rolle spielt. Dort sehen neben Peris Aufsatz auch die frühen französischen Arbeiten viel stärker im Vordergrund. Ich habe im Übrigen schon versucht, eine internationale Perspektive in die Darstellung einzubeziehen, was sich, so hoffe ich, auch im Literaturverzeichnis erkennen lässt. Gleichzeitig muss man konstatieren, dass einige eine ganze Reihe jüngerer, nicht von Herren verfasster, Detailstudien, die besonders im angelsächsischen Raum als maßgeblich gelten, bei näherer Prüfung nur eingeschränkten Erkenntnisgewinn bieten, meist da sie nicht auf fundierter Sach- oder Quellenkenntnis beruhen. Letztlich bleibt der Fokus daher stark auf der deutschen Forschung – eben weil hier tendenziell auch die qualitativ höherwertigere Forschung geleistet worden ist. Auch inhaltlich lässt sich die Thematik sehr unterschiedlich behandeln. Bei kaum einem Detail zur Thematik besteht ein Konsens. Viele Theorien stehen nicht nur in Spannung zueinander, sondern sind auch im Kern nicht miteinander kompatibel. Aus diesem Grund halte ich es für sinnvoll, das Themenfeld primär aus einer historischen Perspektive heraus zu strukturieren. Ebenso legitim erscheint mir aber, eine Hauptthese herauszugreifen und argumentativ zu untermauern oder eine ganz kleinere Auswahl relevanter Theorien einander gegenüberzustellen, während andere Positionen nur kursorisch berücksichtigt werden. Selbst die sogenannte Virgil-These fällt meines Erachtens in den interpretativen Spielraum des Autors, denn bei einem großen Teil der deutschen Forschung gilt die Autorschaft Vergils – trotz der frühen kritischen Einwände etwa von Hillkowitz und Brunhölzl – spätestens seit den Beiträgen von Stelze und Zelzer als gesichert. Ich habe mich aber bewusst gegen eine solche selektive Darstellung entschieden und den forschungsgeschichtlichen Zugang in chronologischer Form gewählt, um die Entwicklung der Debatten nachvollziehbar zu machen. Ich bin weiterhin der Auffassung, dass der Quellenbezug zentral ist, um klarzumachen, woraus sich die verschiedenen Ideen ableiten. Das macht den Artikel aber natürlich auch deutlich länger. Schließlich sei auf den vergleichsweise ausführlichen Inhaltsabschnitt hingewiesen. Angesichts der fragmentarischen Struktur des Textes und des Fehlens eines klar erkennbaren Zwecks der Kosmographie war es mir wichtig, eine überblicksartige, zusammenhängende Darstellung vorzulegen, zumal die unterschiedlichen Hauptthesen letztlich vor allem mit der „Gesamtschau“ argumentieren. Eine rein stichpunktartige Zusammenfassung wäre der Komplexität des Materials nicht gerecht geworden. Zudem ist die Edition von Herren bislang die einzige, die überhaupt eine etwas ausführlichere Inhaltsangabe bietet. Es ist also für den interessierten Leser gar nicht so leicht, sich über den Inhalt des Werks zu informieren.