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DVB-I

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DVB-I (Abkürzung für englisch Digital Video Broadcasting – Internet; deutsch etwa „Digitales Internetfernsehen“) ist ein offener Standard der DVB-Projektgruppe, der die Bereitstellung von linearem Fernsehen über das Internet (IP) ermöglicht. Ziel ist es, internetbasierte Fernsehdienste mit der gleichen Benutzerfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und Funktionalität wie klassische Rundfunkdienste (z. B. DVB-T2, DVB-S2, DVB-C) bereitzustellen, unabhängig davon, ob der Empfang über ein Breitbandnetz oder ein Mobilfunknetz erfolgt.

Die Entwicklung von DVB-I erfolgte als Reaktion auf die zunehmende Relevanz des Konsums von internetbasierten Medien. Die Spezifikation wurde im November 2019 seitens des DVB-Projekts publiziert.[1] Das Ziel bestand darin, einen interoperablen Standard für Fernsehübertragungen über IP-basierte Netzwerke zu schaffen, um fragmentierte proprietäre OTT-Lösungen zu vermeiden und hybride Empfangsgeräte zu unterstützen.

Die erste öffentlich zugängliche Version der Spezifikation wurde als DVB BlueBook A177 publiziert[2] und später in die ETSI-Norm EN 303 770 überführt.

Technische Grundlagen

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DVB-I definiert kein neues Übertragungsprotokoll, sondern basiert auf bestehenden IP-Technologien. Der Standard beschreibt vor allem:

  • Service Discovery (SD): Mechanismen zur Erkennung verfügbarer Dienste über das Internet
  • Service List Registry (SLR): Zentrale oder dezentrale Verzeichnisstruktur für Dienstelisten
  • Electronic Program Guide (EPG): Programminformationen gemäß XML-Strukturen, kompatibel zu DVB-SI
  • Streaming-Technologien: Unterstützung für adaptive Bitraten über HTTP, z. B. MPEG-DASH oder HTTP-Streaming
  • DRM und CI+: Integration bestehender Verschlüsselungssysteme zum Schutz von Inhalten

Eigenschaften und Vorteile

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  • Plattformunabhängiger Zugang zu Live-TV über IP
  • Einheitliches Nutzererlebnis auf klassischen Fernsehgeräten, mobilen Endgeräten und Apps
  • Unterstützung von SD-, HD- und UHD-Inhalten
  • Integration in hybride TV-Plattformen (z. B. HbbTV)
  • Zentrale Verwaltung von Senderlisten, z. B. für nationale Plattformen oder Sprachregionen

Anwendungen und Pilotprojekte

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Verschiedene Pilotprojekte in Europa und Asien testen DVB-I in realen Umgebungen. In Deutschland erprobt die Initiative "DVB-I Germany" unter Leitung von ARD, ZDF, RTL Group und weiteren Partnern seit 2023 eine DVB-I-Plattform, die öffentlich-rechtliche und private Programme über IP in einer einheitlichen Liste bereitstellt.

Auch in Italien (RAI)[3], Großbritannien (DTG) und Südkorea laufen Testläufe und Feldversuche.

Unterschiede zu OTT-Diensten

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Im Gegensatz zu proprietären OTT-Plattformen wie Zattoo, waipu.tv oder Joyn stellt DVB-I eine offene, standardisierte Schnittstelle bereit. Die Diensteanbieter behalten dabei die Kontrolle über Inhalte und Metadaten, während Endgerätehersteller auf standardisierte Dienstlisten zugreifen können.

DVB-I und andere DVB-Standards

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DVB-I ist komplementär zu anderen DVB-Standards und wurde so entwickelt, dass es sich nahtlos in hybride Empfangsgeräte integrieren lässt, die z. B. sowohl DVB-T2 als auch IP unterstützen. Der Fokus liegt auf Interoperabilität, Erweiterbarkeit und Zukunftssicherheit.

Standardisierung

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  • DVB BlueBook A177: Technische Spezifikation von DVB-I
  • ETSI EN 303 770: Offizielle ETSI-Norm
  • TS 103 770: Service Discovery and Programme Metadata for DVB-I

Kritik und Herausforderungen

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Einige Herausforderungen bei der Implementierung von DVB-I sind:

  • Abhängigkeit von stabiler Internetverbindung
  • Rechtefragen und DRM-Implementierung
  • Integration in bestehende Broadcaster-Infrastrukturen
  • Fragmentierung bei Endgeräten ohne zentrale Plattformen

Einzelnachweise

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  1. https://dvb-i.tv/
  2. https://dvb-i.tv/specifications/
  3. http://www.crit.rai.it/CritPortal/progetti/?p=2294&lang=en